Das CRM-System ist selten schuld!

... vielmehr sind es die Verantwortlichen, die nicht in der Lage sind, für eine sinnvolle Nutzung zu sorgen.
CRM-Berater Stephan Bauriedel

DOI: 10.53176/103

03.01.2023

Viele Unternehmen hadern mit ihrem aktuellen Customer Relationship Management (CRM)-System. Die User sagen, es sei umständlich zu bedienen, es fehlen wichtige Funktionen, es stehle ihnen die Zeit und es arbeite sogar fehlerhaft. Ein gruppendynamischer Prozess setzt ein, der dazu führt, dass alles, was im Unternehmen schiefläuft, dem CRM angeheftet wird.

Doch nicht die Software ist schuld, sondern vielmehr sind es die Verantwortlichen, die nicht in der Lage sind, für eine sinnvolle Nutzung zu sorgen. Das CRM wird zum Sündenbock für eine unterlassene oder missglückte Analyse- und Konzeptionsphase. Bedenkt man, dass Analyse und Konzeption zusammen nur etwa 10 % der Zeit und rund 10 % der Kosten ausmachen, ist es schon ein unverantwortliches Risiko, diese Phase zu überspringen.

Bei einer Fehleranalyse ertönt häufig derselbe Einwand: „… mein CRM ist wirklich schlecht!“ Es gibt sicher viele CRM-Systeme, die technologisch veraltet oder funktional mangelhaft sind. Doch der Markt hat sich in den vergangenen fünf Jahren konsolidiert und zählt nur noch sechs Premium CRM. Es ist nahezu unmöglich, in eine schlechte CRM-Software zu investieren, wenn man seinen individuellen Anforderungskatalog erstellt und die möglichen Systeme daraufhin evaluiert.

Mit der Konzeption des Systems und dessen Anwendung erlangen Unternehmen Sicherheit und Orientierung. Wichtig ist, zu verstehen, wie das Unternehmen heute arbeitet (Ist-Analyse) und wie es sich zukünftig mit einem modernen CRM-System (Soll-Konzept) aufstellen möchte. Es geht um höchste Qualität an allen Punkten mit Kundenkontakt und die Optimierung der internen Prozesse in Bezug auf Effizienz, Transparenz und Professionalisierung.

Das CRM zeigt in der 360-Grad-Kundensicht alle Vorgänge und unterstützt die kundennahen Prozesse vom Erstkontakt bis zum Auftrag und in der Zeit danach. Das gesamte Kundenmanagement wird schneller, besser und einfacher. Die Ausrichtung und Verzahnung der Strategie, der Prozesse und Systeme sorgen dabei für den Unterschied. Zahlreiche Referenzen belegen dies.
Auf dem Weg zum Erfolg gibt es jedoch noch weitere Hürden, die ein Projektleiter kennen sollte. Das richtige CRM-System auszuwählen, ist dabei noch die einfachere Sache. Weitaus schwieriger ist, den organisatorischen Wandel zu gestalten. Ein CRM-System erfolgreich einzuführen, bedeutet, die Mitarbeiter mitzunehmen. Dabei gilt es, den Nutzen immer wieder hervorzuheben und – besonders wichtig – die Systemanbieter zu führen. Die härteste Nuss, die es dabei zu knacken gilt, ist das Management.

CRM ist nicht nur Software

Bei der Einführung von CRM handelt es sich im Kern um ein Veränderungsprojekt. Obwohl der Projektleiter circa 80 % seiner Zeit in die Implementierung investieren wird, sind die restlichen 20 % entscheidend für den Erfolg. In der Praxis hat sich gezeigt, dass Projekte, die sich nur auf die Technik fokussieren, schnell scheitern. Ist das Vorhaben dagegen als Projekt zur Veränderung der Prozesse angelegt, konzentrieren sich alle Kräfte vorrangig auf den Nutzen. Hierfür ist es erforderlich, die Ziele zu kennen, einen Bauplan zu haben, prozessorientiert zu denken, die Mitarbeiter zu motivieren und zu schulen. Die Vorarbeiten der Analyse- und Konzeptionsphase können nun genutzt werden, um das CRM sukzessive von innen nach außen zu verkaufen.

Customizing ist Pflicht

Die erwähnten Premium-CRM-Systeme basieren auf moderner Technologie, haben eine hohe funktionale Reife, sind benutzerfreundlich und hochgradig anpassbar. Ein ausgereiftes CRM-System besitzt „im Standard“, also ohne Anpassung, bereits mehr als 80 % der erforderlichen Funktionalität. Die fehlenden 20 % werden im Rahmen des Customizings umgesetzt. Der Systemanbieter individualisiert das CRM-System nach den Anforderungen des Unternehmens. Dazu gehören Masken, Einstellungen in den Funktionen und Schnittstellen. Dieses Customizing benötigt eine Anleitung, z. B. ein prozessorientiertes Lastenheft, damit der Systemanbieter das CRM bauen kann.

Vertrauen in den Partner

Bei der Auswahl des Systempartners zählen vorrangig die Kompetenz, Erfahrungen und Sympathie. Bei den Verhandlungen ist zu bedenken, dass die Systempartner bei ihren Präsentationen häufig blumig von Customer Experience sprechen, von Strategie- und Prozessberatung. Am Ende der Gespräche und Verhandlungen verkaufen sie ein üppiges Paket an Manntagen für das Customizing.

Die vielen Anglizismen der Systemanbieter sind jedoch nur Blendwerk, die Erfolgsfaktoren bleiben leere Versprechungen. Es bleibt Aufgabe des Unternehmens, die Zukunft des Kundenmanagements zu planen und in die Realität umzusetzen. Dazu sollte das Management – von der Unternehmensführung bis zur Projektleitung – über die Möglichkeiten des CRM-Systems und die Fähigkeiten der Mitarbeiter informiert sein. Nur dann kann der Projektleiter den Implementierer führen und das Ergebnis seiner Arbeit prüfen. CRM lässt sich nicht kaufen, nicht beim Systemanbieter und auch nicht beim Implementierer.

Resilienz des Managements

Die Nutzung des CRMs als Informations- und Kommunikationsinstrument ist über alle Hierarchiestufen hinweg erforderlich, jedoch aufgrund der strukturellen Abhängigkeiten schwierig einzufordern. Ein Beispiel für Resilienz im Management ist, dass das Führungsverhalten der persönlichen Berichterstattung „er berichtet an mich“ weiter praktiziert wird. Diese veralteten Machtstrukturen ruinieren die neu gewonnene Effizienz. Die treffende Antwort eines Kundenbetreuers beschreibt, wie CRM gelebt werden sollte: „Lieber Vorgesetzter, alle meine Verkaufschancen stehen im CRM und sind aktuell. Bitte öffne dein CRM und informiere dich selbst, denn ich bin beim Kunden!“

Erkenntnisse aus 20 Jahren Erfahrung

Kann eine gescheiterte Projekteinführung gerettet werden? Ich habe es noch nicht erlebt, denn in den Köpfen der Mitarbeiter ist das vorhandene System bereits komplett verbrannt. Aus meiner Sicht braucht es einen Neuanfang mit neuen Playern und neuem Vorgehen.

Als Autor dieses Artikels – mit mehr als 20 Jahren Erfahrung – kann ich sagen, es liegt nie am CRM-System, sondern an der CRM-Einführung. Fehlkäufe und schlechte CRM-Einführungen entstehen, weil Verantwortliche das Vorhaben unterschätzen. Modernes Kundenmanagement erfordert ein Umdenken: Die Strategie, die Prozesse und die Menschen sind Teil des Projektes genau wie das System.

Stephan Bauriedel ...

... ist Experte für systematisches Kundenmanagement. Er betrachtet Unternehmen ganzheitlich und entwickelt zukunftsorientierte CRM-Konzepte, basierend auf den vier klassischen Ebenen: Strategie, Prozesse, Menschen und Systeme. Seine Aufgabe versteht er darin, den Wandel ganzheitlich zu planen, zu gestalten und umzusetzen.

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